Der Hundebiss und seine Rechtsfolgen

Verletzungen durch einen Hundebiss kommen oft vor und bereiten dann nicht nur medizinische Probleme sondern auch juristische. Dieser Beitrag zeigt die rechtlichen Folgen eines solchen Bisses auf, welche Ansprüche das Opfer hat und wie hoch das Schmerzensgeld sein kann.


Kleinere Hundebisse sind sehr häufig, bei denen ein bis zwei Wundmale, mal tiefer und mal weniger tiefer vorliegen. Aber auch diese können zu erheblichen Komplikationen führen, insbesondere wenn diese sich entzünden. Dann kann auch bei geringer Verletzung ein höheres Schmerzensgeld geltend gemacht werden.

Vor einiger Zeit habe ich zwei ähnliche Fälle von Paketzustellern behandelt. Beide wurden durch einen Hund erheblich am Arm verletzt. Der eine Hund war der Wachhund einer Gärtnerei und Kleinbauenhof, der an einer langen Leine angekettet war. Der Zusteller hatte diesen nicht gesehen, weil dieser wohl in der Hundehütte schlief, und statt vorne zu klingeln verirrte er sich auf den Hof. Als der Hund ihn bemerkte, konnte er nicht schnell genug zurückweichen und wurde gebissen. Bei dem anderen Zusteller befand sich der Hund im Haus. Zusteller und Herrchen befanden sich draußen im Gespräch. Dann hörte man wie der Hund kratzte und mit einem Sprung an die Türklinke die Tür öffnete und sofort den Zusteller biss.

Beide Fälle waren rechtlich unterschiedlich und führten zu unterschiedlichen Ergebnissen.

Beide betroffenen Hundebissopfer litten nicht nur unter den körperlichen Folgen, sondern auch psychisch. Es entstanden Ängste gegen alle Arten von Hunden, Alpträume und sogar Panikattacken bei Auftreten ähnlicher, aber harmloser Situationen.  Ferner hatten beide Angst wieder an den Ort des Geschehens zu gehen. Bei schlimmeren Fällen kommen Depressionen und Rückzug aus dem Sozialleben hinzu, was hier aber nicht der Fall war.

Die Haftung des Hundehalters ergibt sich aus § 833 BGB, wonach bei Verletzung oder Tötung eines Menschen sowie bei Beschädigung von Sachen der Halter Ersatz dafür leisten muss. Das gilt unabhängig davon, ob dem Halter ein Fehlverhalten vorzuwerfen ist oder nicht. Sobald der Hund beißt, haftet der Halter unabhängig vom Verschulden. Allerdings gibt es eine Ausnahme. Im ersten beschriebenen Fall handelte es sich um einen Nutzhund, der dem Unterhalt und der Erwerbstätigkeit des Halters diente. Jeder Wachhund auf einem Bauernhof oder einer Gärtnerei stellt so ein Nutzhund dar. Gemäß § 833 Satz 2 BGB haftet dann ein Halter nicht, es sei denn er hat dies absichtlich oder fahrlässig verschuldet.

Entsprechend haftete der Hundehalter der Gärtnerei und Bauernhof nicht gegenüber dem Zusteller. Die Haftung des anderen Hundehalters lag vor. Selbst das Wegsperren des Hundes half der Halterin nicht, weil es sich um eine verschuldensunabhängige Haftung handelt.


Die Ansprüche

1. Schmerzensgeld

Die konkrete Höhe des angemessenen Schmerzensgeldes richtet sich nach der Art, Intensität und Dauer der Verletzungen und deren Einfluss auf den Alltag und das Berufsleben und ist im Einzelfall zu ermitteln. Die folgenden Angaben sind der geltenden Rechtsprechung entnommen. Bei vergleichbaren Fällen können, ähnliche Schmerzensgelder verlangt werden.

Gemäß der Rechtsprechung ergeben sich folgende Schmerzensgeldbeträge.

100-400 Euro
Harmloser Hundebiss mit geringfügigen Verletzungen, bei denen es zu keiner Infektion kommt und die ohne Folgeschäden verheilen. Eine Arbeitsunfähigkeit bestand bis zu 3 Tagen.

400-800 Euro
Mehrere Bisswunden, die allesamt geringfügig waren, folgenlos abheilten und eine Arbeitsunfähigkeit bis 7 Tage nach sich zogen.

800-1.200 Euro
Bisswunde mit sichtbarer Narbenbildung, kurzer Krankenhausaufenthalt, aber AU bis zu 2 Wochen.

1.200-1.500 Euro
Hundebiss, der ein Bewegungsdefizit, Taubheitsgefühle oder sonstige längerfristige Beeinträchtigungen nach sich zog.

Hundebiss, der eine Operation notwendig machte.

1.500–2.000 Euro
Bisswunde, die sich infiziert und längere Behandlungen notwendig macht. Behandlungsdauer bis zu 6 Wochen.

Bisswunde mit deutlich sichtbarer Narbenbildung und psychischer Beeinträchtigung, die sich über Jahre auswirkt.

Oberflächliche, aber besonders schmerzhafte Bisswunde im Genitalbereich. Psychische Folgen.

2.000 Euro-3.000 Euro
Mehrere erhebliche Bisswunden mit Krankenhausaufenthalt. Hässliche Narben an Armen oder Beinen.

Bisswunden mit Sehnenabriss. Längere Arbeitsunfähigkeit (6 Wochen).

Langwieriger Heilungsprozess, entstellende Narbe/n

3.000 – 5.000 Euro
Bisswunden, die lebensbedrohlich sind.

Erhebliche psychische Beeinträchtigungen.

5.000 Euro – 10.000 Euro
Herausbeißen eines Stück Muskelfleisches, Dauerhafte Beeinträchtigungen

Entstellung im Gesicht

Über 10.000 Euro
Bei schweren Hundebissfällen mit multiplen Verletzungen, insbesondere bei Kindern ist die gerichtsfeste Ermittlung des Schmerzensgeldes besonders schwierig. Hier muss auf den Einzelfall abgestellt werden. Die körperlichen und seelischen Verletzungen sind meist so individuell, dass Angaben in Schmerzensgeldtabellen nicht weiter helfen.

2. Entgeltschaden

Bei einer verletzungsbedingten Arbeitsunfähigkeit , die länger als 6 Wochen andauert, kann vom Hundehalter ein Entgeltschaden verlangt werden. Die Höhe ist die Differenz zwischen dem üblicherweise verdienten Nettolohn und dem erhaltenen Krankengeld, das üblicherweise von der Krankenkasse bezahlt wird.

3. Haushaltsführungsschaden

Neben dem Entgeltschaden kommt ein Haushaltsführungsschaden in Betracht, wenn der eigene Haushalt verletzungsbedingt nicht mehr selbst durchgeführt werden kann. Die tatsächlichen Kosten für eine Haushaltshilfe können  als Schaden geltend gemacht werden. Wenn der Haushalt von Familienmitglieder oder Freunden übernommen wird, dann soll das der Versicherung nicht zugute kommen. Auch dann hat der Halter bzw. dessen Versicherung  die fiktiven Kosten zu erstatten.

4. Pflegeschaden

In seltenen Fällen sind die Verletzungen so schlimm , dass das Opfer eines Hundebisses sich nicht mehr selbst versorgen kann und Hilfe beim Anziehen, Essen oder der Körperpflege benötigt. Dann entsteht ein Pflegeschaden, der wie der Haushaltsführungsschaden nach den tatsächlichen Kosten oder fiktiv berechnet werden kann.

5. Sonstiger Schadensersatz

Ferner muss der Halter alle sonstigen Schäden ersetzen, die auf den Hundebiss zurückzuführen sind. Das sind in der Regel Sachschäden (meist Kleidung), Kosten für Heil- und Hilfsmittel (Medikamente, Unterarmstützen) bzw. Zuzahlungen hierzu. Ferner müssen alle Fahrtkosten zu den Behandlern und Krankenhäusern erstattet werden. Beim längeren Krankenhausaufenthalt auch die Fahrtkosten einer Besuchsperson. Im Falle von Bisswunden am eigenen Hunde können auch dessen Heilbehandlungskosten verlangt werden.

6. Rechtsanwaltskosten

Nicht zuletzt ist darauf hinzuweisen, dass die notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung auch von dem Halter bezahlt werden müssen. Damit sind die Kosten eines Rechtsanwaltes gemeint, die vom Schädiger zurückverlangt werden können.  Hier sollte man darauf achten, dass der Rechtsanwalt nicht viel zu viel Schmerzensgeld verlangt, den dann verbleiben Kosten für den Mandanten. Deswegen sollte das Schmerzensgeld konkret beziffert werden und ein Rechtsanwalt beauftragt werden, der sich mit der Ermittlung von angemessenen Schmerzensgeldern auskennt und auch die weiteren Schadensersatzansprüche berücksichtigt.


Das Mitverschulden

In vielen Fällen meint der Hundehalter, dass das Opfer selbst Schuld am Hundebiss gewesen sei. Dies muss in folgenden Fällen auf jeden Fall beachtet werden. Greift jemand in eine Hundebeißerei ein, um seinen Hund zu schützen, liegt in der Regel ein Mitverschulden zwischen 25% und 50% vor. Provoziert jemand bewusst den Hund, kann das Mitverschulden bis auf 100% anwachsen. Auch aggressives Verhalten kann ein Mitverschulden begründen. Beachtet jemand die Warnung nicht, dass es sich um einen bissigen oder gefährlichen Hund handelt, kommt es üblicherweise ebenfalls zu einem Mitverschulden.

Das Mitverschulden führt zur Minderung aller Ansprüche im Umfang des Mitverschuldens. Wenn das Schmerzensgeld 1.000,00 Euro beträgt und liegt ein Mitverschulden von 25% vor, erhält der Geschädigte nur 750,00 Euro. Das Mitverschulden kann die grundlegende Haftung des Halters so weit überwiegen, dass keine Haftung mehr besteht und der Gebissene leer ausgeht.


Nach einem Hundebiss sollte man also wie folgt vorgehen.

  1.  Damit der Vorfall aktenkundig wird und Ermittlungen zum Geschehen, zu den Zeugen und zum Hundehalter eingeleitet werden, sollte man bereits die Polizei eingeschaltet haben.
  2. Selbstverständlich und kaum erwähnenswert ist das sofortige Aufsuchen eines Arztes.
  3. Bei leichten Verletzungen und Folgen kann man auch ohne Anwalt die o.g. Ansprüche bei der Haftpflichtversicherung des Hundehalters anmelden.
  4. Bei erheblichen Verletzungen mit besonderen Folgen sollte man einen Anwalt einschalten, der schwerpunktmäßig Personenschäden bearbeitet. Der Anwalt sollte die einzelnen Schadenspositionen berechnen und den Anspruch durchsetzen.
  5. Falls der Anwalt die Ansprüche nicht beziffern kann oder sonst überfordert erscheint, sollte man zunächst in einem Gespräch die Gründe klären. Wenn keine Klärung zu erzielen ist, sollte man einen Wechsel des Anwaltes in Betracht ziehen. Dabei sollte man vor einem Wechsel Rücksprache mit der Rechtsschutzversicherung, dem bisherigen und dem zukünftigen Rechtsanwalt halten, weil sonst doppelte Kosten entstehen.
  6. Weigert sich die Gegenseite die Forderungen auszugleichen und kann kein Vergleich abgeschlossen werden, muss die Klage erhoben werden. Leider muss dann der Hundehalter und nicht die Versicherung verklagt werden.

 


Informationen zum Autor:

Rechtsanwalt Lattorf (www.Rechtsanwalt-Lattorf.de) ist hoch spezialisiert auf alle Arten von Personenschäden. In Angelegenheiten nach einem Hundebiss ist er genau der richtige Anwalt.

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